Der BDI hat rund 400 deutsche Unternehmen unterschiedlicher Größen und industrieller Branchen zu den Herausforderungen bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) befragt. Die Bilanz ist ernüchternd: Neben einer erheblichen bürokratischen Mehrbelastung diagnostizieren deutsche Unternehmen eine erschwerte Diversifizierung. Die vollständige Umfrage können Sie hier herunterladen.
Kernergebnisse der Studie
- 92 Prozent der Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen, geben an, dass der bürokratische Mehraufwand „sehr hoch“ oder „hoch“ sei. Auch 88 Prozent jener meist mittelständischen Unternehmen, die nur indirekt vom LkSG betroffen sind, sehen sich einer „sehr hohen“ oder „hohen“ Belastung gegenüber, weil ihre Kunden keine Alternative dazu haben, die Dokumentation von ihren Lieferanten einzufordern. Schon jetzt muss jedes zweite Unternehmen Leistungen externer Beratungsunternehmen oder Anwaltskanzleien in Anspruch nehmen.
- Knapp jedes vierte direkt vom Gesetz betroffene Unternehmen reduziert die Anzahl seiner Zulieferer. 14 Prozent prüfen gar einen Rückzug aus risikoreichen Ländern.
- 77 Prozent der Unternehmen geben an, dass das Gesetz ihre Attraktivität im Ausland reduziert. Der Vorwurf des Protektionismus von Partnerländern Deutschlands ist bereits Realität.
BDI-Präsident Russwurm äußerte sich gegenüber der Presse wie folgt:
- „Die Ein-Jahres-Bilanz des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes ist ernüchternd. Der enorme bürokratische Aufwand, den das Gesetz erzeugt, bringt viele Betriebe, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, an den Rand der Verzweiflung. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs seit Januar 2024 auf Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden erhöht das Konfliktpotential in den Lieferketten und die unverhältnismäßige bürokratische Belastung noch weiter.
- Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung die Lieferkettenregulierung im Rahmen ihrer Bürokratieabbaumaßnahmen bislang nicht berücksichtigt. Der BDI erwartet von der Bundesregierung eine zügige Entscheidung in der Diskussion um die Berichtspflicht. Dabei dürfen die Anforderungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in der Umsetzung nicht über das Gesetz hinausgehen. Doppelte Berichtspflichten sind auszuschließen. Entlasten würde vor allem eine Positivliste von Ländern, in denen die Erfüllung der Anforderungen staatlicherseits sichergestellt ist, sowie die Anerkennung von Brancheninitiativen.
- Das Gesetz erschwert die Diversifizierungsbemühungen der deutschen Industrie. Ein Mehr an Resilienz wird so nicht erreicht. Die Politik sollte akzeptieren, dass die Einflussmöglichkeiten deutscher Unternehmen jenseits ihrer direkten Vertragspartner begrenzt sind. Wirksamer wäre ein strategischerer Einsatz der Entwicklungszusammenarbeit, um Standards in der Lieferkette deutscher Unternehmen zu erhöhen.
- Aus Unternehmenssicht ist das LkSG kein Gütesiegel, das Gesetz vielmehr ein geopolitisches Eigentor. Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. Das deutsche LkSG und sein geplantes europäisches Pendant sollten deshalb nochmals grundsätzlich in Frage gestellt werden.“