Ein Interview rund um die Fußball-EM 2024: Wie Mitarbeitende nicht ins Abseits geraten und wann Arbeitgeber gelbe und rote Karten verteilen dürfen

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Das Fußballfieber steigt – auch in den Unternehmen. Spiele im Livestream schauen und dabei konzentriert arbeiten? Zum Spiel fahren, obwohl der Urlaub nicht genehmigt wurde? Ein Interview rund um die Fußball-EM 2024: Wie Mitarbeitende nicht ins Abseits geraten und wann Arbeitgeber gelbe und rote Karten verteilen dürfen.

Seit dem 14. Juni ist Deutschland im Fußballfieber– so mancher Mitarbeitende ist mit Trikots ausgestattet, hat vielleicht eine der begehrten Karten ergattert oder freut sich aufs Public Viewing. Was aber, wenn man am ersten Spieltag Spätschicht hat und am Arbeitsplatz ein Handyverbot gilt? Oder wenn Mitarbeitende zu einem Spiel fahren möchten, aber für den Tag keinen Urlaub genehmigt bekommen? Die Spannung steigt und mit ihr die Planung der EM-Zeit – auch für die Arbeitgeber und Mitarbeitenden der Region. Wie sie sich bei „fußballerischen“ Themen sicher im Rahmen des Arbeitsrechts bewegen, dazu äußert sich unsere Rechtsanwältin Kim-Jana Bobring.

Frage: Leider habe ich kein Ticket für ein EM-Spiel bekommen, möchte das Spiel aber an meinem Arbeitsplatz live im Stream oder Ticker verfolgen. Darf ich das?Kim-Jana Bobring: Generell schulden Sie dem Arbeitgeber Ihre ungetrübte Arbeitsleistung. Inwieweit die noch gegeben ist, wenn Sie ein EM-Spiel in Bild und Ton verfolgen und wahrscheinlich emotional stark involviert sind, ist fraglich. Außerdem gibt es in einigen Unternehmen ein Verbot der privaten Handynutzung während der Arbeitszeit oder der Arbeitnehmer hat unterschrieben, das Internet am Arbeitsplatz nicht privat zu nutzen. Wer ein Spiel trotz untersagter privater Nutzung während der Arbeitszeit live im Netz verfolgt, begibt sich ins Abseits…

Frage: Also rote Karte – ist das ein Kündigungsgrund?

Kim-Jana Bobring: Nein, im ersten Schritt droht eher eine gelbe Karte. Das Verhalten könnte eine Abmahnung nach sich ziehen, da die Pflicht zur Erbringung einer vertragsgemäßen Arbeitsleistung verletzt wird.

Frage: Darf der Arbeitnehmer denn das Spiel im Radio verfolgen?

Kim-Jana Bobring: Es gibt Arbeitsplätze, z.B. in der Produktion, an denen üblicherweise das Radio läuft und der Arbeitgeber damit einverstanden ist. Dann ist es den Beschäftigten auch grundsätzlich erlaubt. Hier kommt es aber darauf an, ob dabei konzentriert gearbeitet werden kann. Wenn nicht, kann es vom Arbeitgeber ebenfalls untersagt werden.

Frage: Ich kann als Arbeitnehmer Urlaub nehmen, wenn ein wichtiges EM-Spiel ansteht oder spricht etwas dagegen?

Kim-Jana Bobring: Urlaub können Sie jederzeit beantragen. Nur gibt es keine Garantie, dass der auch genehmigt wird. Dann einfach eine Krankschreibung vorzulegen, ist keine gute Idee. Das könnte arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung zur Folge haben. Besser wäre es, mit dem Arbeitgeber gemeinsam eine faire Regelung zu finden, vielleicht für die Zeit der EM ein flexibleres „fußballfreundlicheres“ Arbeitszeitmodell zu suchen.

Frage: Na gut, das Spiel am Arbeitsplatz zu verfolgen wird also schwierig, aber ich kann mein Fußballfieber ja auch durch meine Kleidung zum Ausdruck bringen. Es spricht nichts dagegen, in dieser Zeit des Ausnahmezustands im Fußballtrikot zur Arbeit zu erscheinen, oder?

Kim-Jana Bobring: Das werden viele Arbeitgeber sicher mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen. Bei Berufen mit Dienstkleidung sind fußballerische Accessoires allerdings nur eingeschränkt möglich. Und wer im Kundenkontakt steht, sollte über den Dresscode vorab mit seinem Arbeitgeber sprechen.

 

Das Interview erschien auch in der LZ: Kim-Jana Bobring beim Fotoshooting mit dem Fotograf der Landeszeitung, Philipp Schulze.

Ausnahmsweise mal im Fußballtrikot bei der Arbeit – darf ich das als Arbeitnehmer? Unsere Anwältin Kim-Jana Bobring hat für’s Fotoshooting ausnahmsweise Blazer gegen Trikot getauscht.