Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen die „Bundesnotbremse“, § 28b IfSG a.F.

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Die Verfassungsbeschwerden betreffend Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen im Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite („Bundesnotbremse“) sind auch in der Hauptsache erfolglos geblieben (Az. 1 BvR 781/21 u.a.). Laut BVerfG waren nach der im April 2021 bestehenden Erkenntnis- und Sachlage Schulschließungen ebenfalls zulässig. Das geht aus den beiden Pressemitteilungen Nr. 100/2021 und Nr. 101/2021 des BVerfG hervor.

„Leitgedanken“ des BVerfG
Sind einzelne Maßnahmen Bestandteile eines Schutzkonzeptes des Gesetzgebers, das in seiner Gesamtheit dem Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems als überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen dient, können sie trotz der damit verbundenen Grundrechtseingriffe verhältnismäßig sein. Maßgeblich ist immer die konkrete Situation der Pandemie. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung der damaligen „Bundesnotbremse“ war das Infektionsgeschehen dynamisch. Die Impfkampagne hatte erst begonnen. Darüber hinaus gilt: Infolge des Impffortschritts können Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit ihre Dringlichkeit verlieren.

 

BVerfG zu Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen
Aus Sicht des BVerfG waren die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie mit dem Grundgesetz vereinbar. Obwohl Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen erhebliche Eingriffe in das Ehe- und Familiengrundrecht (Art. 6 Abs. 1 GG), das Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG), die Fortbewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG), das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) bedeuten, waren sie in der konkreten Situation verhältnismäßig, vgl. „Leitgedanken“.

Hintergrund: Die bußgeldbewehrten Maßnahmen waren an eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 gekoppelt (§ 28b Abs. 1 IfSG). Überschritt in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, galten dort ab dem übernächsten Tag die in § 28b IfSG normierten Maßnahmen. Sank in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz unter den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner an fünf aufeinander folgenden Werktagen, so trat die „Notbremse“ dort ab dem übernächsten Tag außer Kraft (§ 28b Abs. 2 IfSG).

 

BVerfG zu Schulschließungen
Das BVerfG hat erstmals ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung anerkannt. In dieses Recht griffen die Schulschließungen in erheblich Weise ein. Dennoch waren die Schulschließungen in der konkreten Situation verhältnismäßig, vgl. „Leitgedanken“. Dies auch deshalb, weil die Länder verfassungsrechtlich verpflichtet waren, wegfallenden Präsenzunterricht nach Möglichkeit durch Distanzunterricht zu ersetzen.

Hintergrund: Der Präsenzunterricht an allgemein- und berufsbildenden Schulen war vollständig untersagt, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen mit dem Coronavirus den Schwellenwert von 165 je 100.000 Einwohner überschritt; ab einem Schwellenwert von 100 durfte Präsenzunterricht nur zeitlich begrenzt in Form von Wechselunterricht stattfinden (§ 28b Abs. 3 S. 2 und 3 IfSG).

 

Bewertung der BDA:

Mit seinen Entscheidungen hat das BVerfG die sog. „Bundesnotbremse“ gebilligt, die in der dritten Infektionswelle im Frühjahr 2021 einen zeitlich begrenzten Katalog verpflichtender Maßnahmen vorsah, sobald sich das Infektionsgeschehen zuspitzte.