ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme legt Endbericht vor

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Anbei übersenden wir Ihnen den Endbericht der von der Bundesregierung einberufenen, unabhängigen „ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ (Gaskommission), der unter dem Vorsitz von BDI-Präsident Prof. Dr.-Ing. Siegfried Russwurm, Wirtschaftsweise Prof. Dr. Veronika Grimm und IGBCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis erarbeitet wurde.

Den Bericht können Sie hier herunterladen.

Zuvor hatte die Gaskommission am 10.10.2022 einen Zwischenbericht vorgelegt, in dem bereits die Grundzüge der vorgeschlagenen zweistufigen Gaspreisbremse vorgestellt wurden. Der finale Bericht im Anhang führt die im Zwischenbericht vorgeschlagene Instrumente detaillierter aus und beschreibt weitere flankierenden Maßnahmen (u. a. für den Umgang mit Härtefällen).

Die Bundesregierung hatte die Vorschläge im Zwischenbericht wohlwollend zur Kenntnis genommen und letzte Woche einen ersten Gesetzesentwurf zur Umsetzung der ersten Stufe der Entlastungen vorgelegt. Die beihilferechtliche Prüfung durch die EU-Kommission ist bereits vorangeschritten und eine Überarbeitung des EU-Krisenbeihilferahmen (TCF) in Arbeit. Der BDI bedankt sich an dieser Stelle für die intensive Zusammenarbeit mit den Mitgliedsverbänden und den erhaltenen Input für die Arbeit in der ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme.

 

Kurze inhaltliche Erläuterung des Vorschlags der Gaskommission

Der Endbericht weicht nicht von den Grundzügen der im Zwischenbericht vorgestellten Gaspreisbremse ab. Der Vorschlag unterscheidet zwei Entlastungsgruppen, die rein „gas-technisch“ definiert werden: Zum einen die sog. Standartlastprofil- (SLP-) Kunden und zum anderen die Kunden mit registrierender Leistungsmessung (RLM-Kunden). Als RLM-Kunden gelten alle Gasverbraucher, bei denen eine registrierende Leistungsmessung durch Messstellenbetreiber vorgenommen wird. Das sind in der Regel die (industriellen) Verbraucher mit einem Verbrauch von mehr als 1,5 Mio. kWh/Jahr bzw. 1,5 GWh/Jahr. Alle anderen Kunden (Privathaushalte, Gewerbe und Unternehmen mit einem Gasverbrauch unter 1,5 Mio. kWh/Jahr) sind als SLP-Kunden eingestuft.

Ein Kernergebnis des Vorschlags ist, das Entlastungsverfahren zweistufig zu gestalten (80 %/20€ für SLP- bzw. 70 %/30€ für RLM-Kunden). Dies soll für Privatverbraucher und für Unternehmen die Entlastung bei den Energiekosten verbinden mit einem weiterhin starken Anreiz zum Gas sparen.

Für SLP-Kunden gilt: Der Staat übernimmt einmalig die Gas-Abschläge aller SLP-Kunden im Monat Dezember (Phase 1). Die Höhe der Einmalzahlung wird auf Basis des Abschlages für den Monat September 2022 ermittelt, um Sparanreize zu erhalten. Ab März 2023 bis mindestens 30. April 2024 soll für diese Kunden außerdem ein garantierter Brutto-Preis inklusive aller staatlich induzierter Preisbestandteile von 12 ct/kWh für ein Grundkontingent gelten (Phase 2). Das Grundkontingent beträgt 80 Prozent des Verbrauchs, dem ebenfalls die Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wird. Für den darüber hinaus gehenden Gasverbrauch wird der volle vertraglich vereinbarte Preis fällig. Diese Staffelung hat zum Ziel, weiter einen starken Anreiz zum Gassparen zu setzen.

Für RLM-Kunden gilt: Für die 25.000 Kunden in der registrierende Leistungsmessung (RLM) soll nach den Vorschlägen der ExpertInnen-Kommission ab dem 01.01.2023 befristet bis zum 30.04.2024 für 70 Prozent des Verbrauchs von 2021 ein Beschaffungspreis von 7 ct pro kWh netto, d. h. ohne staatliche Abgaben und Umlagen gelten. Für die darüberhinausgehende Menge des Gasverbrauchs wird der volle vertraglich vereinbarte, bzw. aktuelle Marktpreis fällig. Darüber hinaus dürfen die Unternehmen die so bezogene Gasmenge, auch die zu 7 Cent bezogene, am Markt verkaufen. Die Förderung soll an einen Standorterhalt gekoppelt werden, um Missbrauch zu vermeiden. Die Unternehmen müssen ihre Partizipation bei ihrem Versorger anmelden und öffentlich machen. Es ist kein Antragsverfahren ex ante notwendig, was eine schnelle Umsetzung ermöglichen soll, sondern nur eine ex-post Prüfung. Ein Opt-Out ist möglich. Der Erdgasbezug für die reine Gasverstromung soll von der Subvention ausgenommen werden, um keinen zusätzlichen Anreiz zur Gasverstromung zu bieten. Insgesamt hilft die Lösung schnell, hohe Gaspreisausschläge zu dämpfen und die Planungssicherheit der Unternehmen für die nächsten eineinhalb Jahre zu erhöhen.

 

Wichtigste Ergänzungen des finalen Endberichts

  • Die Kommission schlägt vor, die Unterstützung nur Unternehmen zu gewähren, die die betroffenen Standorte erhalten und sieht diese Aufgabe bei mitbestimmungspflichtigen Unternehmen als eine gemeinsame von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an, differenzierte Lösungen für Standortsicherung- und Transformation zu suchen. Für nicht mitbestimmungspflichtige Unternehmen gilt eine Standortsicherungszusage sowie die Verpflichtung, mind. 90 % der Beschäftigung bis ein Jahr nach Auslaufen der Unterstützung aufrecht zu erhalten. Weitergehende Konditionierungsvorschläge wurden ausgeschlossen
  • Die Förderung von Prozesswärme/Dampf ist mit einem Nettopreis von rund 10 Cent beim Letztverbraucher festgeschrieben worden
  • Der Betrieb von KWK-Anlagen zur Selbstnutzung fällt – bis auf den Kondensationsstrombetrieb – vollständig unter die Gaspreisbremse
  • Das neu zu schaffende Substitutionsprodukt der BNetzA, das Investitionshilfen bei einer Umstellung der Nutzung von Gas auf Strom oder grünen Wasserstoff über eine verminderte Gasanschlussleistung in Aussicht stellt, soll für die Zeit der Krise auch für eine Umstellung auf andere fossile Energien (wie z. B. Heizöl) geöffnet werden
  • In sog. Toleranzbandverträgen soll der Anreiz zum Gassparen bei Unternehmen gestärkt werden, ohne den Wert ihrer Verträge zu vermindern. Dazu sollen die Regelungen des § 50g EnWG auf diese Konstellation angepasst werden.
  • Die Kommission hält die Einführung eines Reverse Auctions Instrumentes für entbehrlich, wenn die vorstehenden Änderungen bei Toleranzbandverträgen richtig umgesetzt werden.
  • Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen werden weitergehende Hilfen zur Transformation auf klimafreundliche Technologien gewünscht, die aber nicht an eine Reduktion der Produktion gebunden sein sollen.
  • Härtefallprogramme mit Kredit- und Zuschussteil, die allen Unternehmen offenstehen sollen, sollen zum 1.1.2023 eingerichtet werden

Insgesamt halten wir die Empfehlungen der Expertinnen Kommission Gas und Wärme für eine Grundlage, nun sehr schnell geeignete Entlastungsmaßnahmen auf dieser Basis auf den Weg zu bringen. Zudem sollte die Architektur der Entlastungsmaßnahmen auch mit dem parallel in Brüssel vorgestellten neuen EU-Krisenbeihilferahmen kompatibel sein, auch wenn es z. T. Abweichungen von dem vollen Förderumfang geben kann, gerade bei großen Unternehmen.