Krankschreibung über „AU-Schein.de“ per WhatsApp

Allgemeines, Newsletter

Auch in unserer Verbandsregion sind jetzt die ersten Fälle einer Krankschreibung per WhatsApp über den Online-Anbieter „AU-Schein.de“ aufgetreten.

Es stellt sich deshalb für die Unternehmen die Frage, ob sie eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per WhatsApp anerkennen oder zurückweisen sollen. Da diese Möglichkeit der AU-Bescheinigung erst seit Jahresbeginn durch die Änderung der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) sowie entsprechende Änderungen in der Berufsordnung der Landesärztekammer Schleswig-Holstein möglich ist, gibt es zu dieser Problematik noch keine Rechtsprechung der Arbeitsgerichte und insbesondere kein Grundsatzurteil des BAG.

Wir vertreten zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einschätzung, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Anbieters „AU-Schein.de“ und anderer vergleichbarer Online-Dienste nicht anerkannt werden muss und zurückgewiesen werden kann. Darüber hinaus wären die entsprechenden Fehlzeiten wegen der vorgeblichen Erkrankung nicht zu vergüten. Zur Begründung kann darauf verwiesen werden, dass in diesen Fällen der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG erschüttert ist. Dabei lässt sich diese Erschütterung des Beweiswertes mit der „Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung“ (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) begründen. Diese Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie legt für die Bundesrepublik fest, wie und unter welchen Voraussetzungen eine Arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden Arzt festzustellen und am Ende zu bescheinigen ist. Dort heißt es bereits in der Präambel (§ 1 Abs. 1), dass „Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und die Bescheinigung über ihre voraussichtliche Dauer… wegen ihrer Tragweite für Versicherte und ihrer arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen sowie wirtschaftlichen Bedeutung besonderer Sorgfalt erfordert.“ Insofern wird in dieser Richtlinie für das Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausdrücklich festgelegt, dass „bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit der körperliche, geistige und seelische Gesundheitszustand des Versicherten gleichermaßen zu berücksichtigen ist. Deshalb dürfen die Feststellungen von Arbeitsunfähigkeit und die Empfehlung zur stufenweisen Wiedereingliederung nur aufgrund ärztlicher Untersuchungen erfolgen.“

Voraussetzung für die wirksame Erteilung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist somit nach der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie eine ärztliche Untersuchung. An dieser Stelle sind wir der Auffassung, dass eine Ferndiagnose per WhatsApp keine ärztliche Untersuchung ist. Somit wird aus unserer Sicht eine solche AU-Bescheinigung ohne ärztliche Untersuchung erstellt. Sie ist daher in ihrem Beweiswert erschüttert.

Ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung jedoch in ihrem Beweiswert erschüttert, ist der Arbeitgeber berechtigt, in diesem Fall die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht anzuerkennen und insbesondere auch nicht die entsprechende Entgeltfortzahlung zu leisten. Vielmehr kann er diese Entgeltfortzahlung zurückhalten, so lange der Arbeitnehmer nicht einen anderen Nachweis im Sinne des § 5 EFZG erbringt.

Deshalb vertreten wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Auffassung, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per WhatsApp nicht anerkannt werden müssen und in diesen Fällen auch keine Entgeltfortzahlung zu leisten ist.