Zieht nun der unverkennbare Geruch von Joints durch die Produktionshallen in Deutschland? Seit April 2024 ist der Besitz von bis zu 25 g Cannabis legal. Die neue Freiheit bringt allerdings zahlreiche Unsicherheiten, insbesondere für Arbeitgeber mit sich. Worauf müssen sie jetzt achten, was ist erlaubt und welche Pflichten kommen auf sie zu? Zu den arbeitsrechtlichen Konsequenzen des neuen Cannabis Gesetzes, kurz CanG, sprachen wir mit unseren Juristin Kim-Jana Bobring.
Frage: Wie wirkt sich das neue Cannabis Gesetz auf die Arbeitswelt aus?
Kim-Jana Bobring: Die viel diskutierte Legalisierung von Cannabis bezieht sich ganz klar auf den Freizeitbereich. Am Arbeitsplatz darf der Konsum weiterhin verboten werden. Der Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz kann ähnlich wie Alkohol die Arbeitsleistung und die Sicherheit am Arbeitsplatz beeinträchtigen. Arbeitgeber haben die Pflicht, für die Sicherheit aller Mitarbeiter zu sorgen und potenzielle Risiken zu minimieren. Daher ist es nötig, dass Regeln bezüglich Alkohol und Drogen streng bleiben, auch wenn der Konsum außerhalb der Arbeitszeit legal ist.
Frage: Welche Möglichkeiten haben Arbeitgeber, mit Cannabis am Arbeitsplatz umzugehen?
Kim-Jana Bobring: Arbeitgeber können klare Richtlinien in ihren Arbeitsverträgen, Unternehmensrichtlinien oder Betriebsvereinbarungen festlegen. Dazu gehören Regelungen, die den Konsum von Cannabis während der Arbeitszeit und in Arbeitspausen untersagen. Da ein Verbot das Ordnungsverhalten im Betrieb betrifft, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.
Frage: Darf ich einem Mitarbeiter kündigen, wenn er oder sie am Arbeitsplatz Cannabis konsumiert?
Kim-Jana Bobring: Wenn ein Verstoß gegen ein Verbot begangen wird, darf der Arbeitgeber abmahnen, aber auch weitere Maßnahmen wie eine Kündigung sind in schwerwiegenden Fällen denkbar. Das gilt auch dann, wenn der Cannabiskonsum in einem Unternehmen nicht explizit verboten ist. Nach § 15 Abs. 2 DGUV ist es Mitarbeitern untersagt, sich durch Alkohol, Drogen oder andere berauschende Mittel in einen Zustand zu versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.
Frage: Darf ich einen Mitarbeiter zum Thema Cannabiskonsum befragen, wenn ich Cannabis rieche, ihn oder sie aber nicht beim Rauchen eines Joints beobachtet habe?
Kim-Jana Bobring: Befragen ja, aber wenn der Mitarbeiter den Cannabiskonsum abstreitet, könnte nur ein Drogentest Sicherheit geben, zu dem ein Mitarbeiter nicht verpflichtet werden kann. Der Arbeitnehmer könnte sich von dem Vorwurf durch einen freiwilligen Drogentest entlasten. Hat der Arbeitgeber den Eindruck, dass der Mitarbeiter berauscht ist, darf er ihn nicht arbeiten lassen. Der Vorfall sollte dann dokumentiert werden und das Verhalten abgemahnt werden.
Frage: Dürfen Mitarbeiter in der Mittagspause außerhalb des Betriebsgeländes kiffen? Und wie sieht es mit dem Arbeitsweg aus?
Kim-Jana Bobring: Kiffen auf dem Weg zur Arbeit oder in der Pause ist verboten, wenn der Mitarbeiter sich dadurch für die nachfolgende Arbeitstätigkeit in einen Zustand versetzt, durch den er sich selbst oder andere bei der Arbeit gefährdet. Auf dem Weg nach Hause ist das anders – hier darf sich der Mitarbeiter im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben einen Joint anzünden. Der Arbeitgeber darf höchstens verlangen, dies nicht in Arbeitskleidung zu tun.
Aber auch hier gilt: Wirkt der Rausch bis zum nächsten Arbeitstag und ist der Mitarbeitende dadurch in seiner Arbeit beeinträchtigt, darf und muss der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen.
Frage: Gibt es für Arbeitgeber aktuell Handlungsbedarf?
Kim-Jana Bobring: Aus unserer Sicht auf jeden Fall. Unternehmen sollten aktiv über die betrieblichen Regeln im Hinblick auf den Cannabiskonsum kommunizieren und Aufklärungsarbeit leisten. Generell machen klare Regelungen im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsanweisung oder über eine Betriebsvereinbarung Sinn, ähnlich wie beim Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz. Es ist wichtig, dass alle Mitarbeiter verstehen, was erlaubt ist und welche Konsequenzen bei Zuwiderhandlung drohen.
Für die Arbeitgeber bieten wir zu dem Thema zwei kostenfreie Informationsveranstaltungen an:
- Am Donnerstag, den 2. Mai, von 10:00 bis 11:30 Uhr, werden bei einer Online-Veranstaltung die Herausforderungen und die Handlungsoptionen für die Betriebe besprochen. Sie können sich hier anmelden: Online Veranstaltung,
- Am Freitag, den 17. Mai, von 10:30 bis 13:00 Uhr wird bei einer Präsenzveranstaltung in Celle über den Umgang mit Suchtmitteln am Arbeitsplatz sowie die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber informiert. Sie können sich hier anmelden: Präsenz-Veranstaltung in Celle.