Sachgrundlose Befristung: Kein Vorbeschäftigungsverbot bei 22 Jahre zurückliegender Tätigkeit

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Das Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG kommt bei verfassungskonformer Auslegung der Norm nicht zur Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut beim selben Arbeitgeber eingestellt wird.

In einem Urteil vom 21.08.2019 (7 AZR 452/17) hat sich das Bundesarbeitsgericht erneut mit der Frage auseinandergesetzt, ob das sogenannte Anschlussverbot (Verbot der sachgrundlosen Befristung bei auch nur einmaliger Vorbeschäftigung) auch noch gilt, wenn ein Arbeitsverhältnis bereits lange Zeit zurückliegt. Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018, die besagt, dass das Verbot insbesondere dann unzumutbar sein kann, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde:

Die Klägerin war von Oktober 1991 bis November 1992 bei der beklagten Behörde als Hilfsarbeiterin für Kindergeld beschäftigt. Rund 22 Jahre später stellte die Beklagte die Klägerin erneut ein – dieses Mal als Telefonserviceberaterin im Servicecenter. Den sachgrundlos befristeten Vertrag verlängerte die Beklagte einmal, ohne die Zweijahresfrist des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu überschreiten.

Die Klägerin begehrte unter Berufung auf das Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der zweiten Befristung geendet hat. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, hatte das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Ablauf der zweiten Befristung beendet worden sei. Die sachgrundlose Befristung sei nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam gewesen, obwohl die Klägerin 22 Jahre zuvor schon einmal bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Das BAG führt aus, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018 (1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) die Fachgerichte durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken können und müssen, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristungen in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.

Danach könne das Verbot der sachgrundlosen Befristung unter anderem dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliege. Dies sei vorliegend der Fall, da die letzte Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten schon 22 Jahre zurückgelegen habe. Es seien auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten.

Im Hinblick auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt jedoch abzuwarten, ob hier unter Umständen erneut das Bundesverfassungsgericht mit der Thematik betraut wird.