ArbG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2023, 3 Ca 2173/23
ArbG Paderborn, Urteil vom 06.07.2023, 1 Ca 54/23
Nach § 3 Nr. 11 c) EStG können Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 26.10.2022 bis 31.12.2024 Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000,00 Euro steuer- und sozialabgabenfrei erbringen (Inflationsausgleichprämie).
Im Schrifttum bestehen unterschiedliche Auffassungen, ob die Inflationsausgleichsprämie neben der Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise mit weiteren Zwecken versehen und nur unter bestimmten Voraussetzung gewährt werden kann. Einerseits wird argumentiert, dass weitere Zwecksetzungen wie Leistungsgesichtspunkte zur Steuerschädlichkeit und Sozialversicherungspflicht der Leistung führen. Andererseits wird die Freiwilligkeit der Leistung und die Finanzierungsverantwortung des Arbeitgebers angeführt, um eine weitere Zwecksetzung als zulässig zu erachten. Es liegen nun zwei erste arbeitsgerichtliche Entscheidungen vor, die zu dieser Frage Stellung nehmen.
In dem vom Arbeitsgericht Stuttgart entschiedenen Fall gab die Arbeitgeberin für den Erhalt der Zahlung einer Inflationsausgleichprämie die Voraussetzungen vor, dass im Dezember 2022 ein aktives Beschäftigungsverhältnis besteht, dass das Arbeitsverhältnis im Auszahlungsmonat Januar 2023 ungekündigt ist und im Fall befristeter Arbeitsverträge, dass das Befristungsende am 31.12.2023 oder später liegt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete wegen Befristung am 30.06.2023. Die Inflationsausgleichsprämie wurde an ihn nicht ausbezahlt. Das Arbeitsgericht gab der Zahlungsklage des Klägers statt. Das Arbeitsgericht Stuttgart hat allerdings zunächst klargestellt, dass eine weitere Zwecksetzung bei der Inflationsausgleichsprämie grundsätzlich zulässig ist. Es steht dem Charakter einer Inflationsausgleichsprämie nicht entgegen, wenn diese von der künftigen Betriebstreue abhängig gemacht wird. Im Ergebnis konnte die Beantwortung dieser Frage hier aber offen bleiben, da die weiteren Bedingungen der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie den Kläger als befristet beschäftigten Arbeitnehmer ohne sachliche Rechtfertigung schlechter stellen. Die Herausnahme von befristet beschäftigten Arbeitnehmern, deren Befristungsdauer vor dem 31.12.2023 endet, von der Gewährung der Inflationsausgleichsprämie verstößt gegen § 4 Abs. 2 TzBfG, da von ihnen für den Erhalt der Inflationsausgleichsprämie im Vergleich zu unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern eine längere Betriebstreue verlangt wird.
Das Arbeitsgericht Paderborn hat entschieden, dass ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden muss, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen. In diesem Fall machte die Arbeitgeberin die Zahlung einer Inflationsausgleichprämie im Dezember 2022 davon abhängig, ob die Beschäftigten im Rahmen eines Vertragsänderungsangebots für Vorjahre auf eine Sonderzahlung verzichtet haben. Die Klägerin hatte auf die Sonderzahlung nicht verzichtet und erhielt keine Inflationsausgleichszahlung. Das Arbeitsgericht Paderborn hat die Zahlungsklage der Klägerin abgewiesen. Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate muss nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen. Diese sachlichen Gründe hat das Arbeitsgericht Paderborn hier bejaht. Die Beklagte wollte mit der von ihr vorgenommenen Differenzierung eine Angleichung der Arbeitsbedingungen zwischen den Arbeitnehmern, die in den Jahren zuvor Sonderzahlungen erhalten haben und den Arbeitnehmern, die keine solchen Zahlungen erhalten haben, bewirken.