Ein generelles arbeitgeberseitiges Verbot der Veröffentlichung betrieblicher Angelegenheiten via Twitter ist nicht zulässig.

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Das generelle Verbot gegenüber dem Betriebsrat sich über betriebliche Angelegenheiten über einen Twitter-Account zu äußern ist zu weit gefasst, da der Betriebsrat im Schutzbereich des Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz grundrechtsfähig ist.

In einem Beschluss vom 06.12.2018 (5 TABV 107/17) hat sich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen mit der Frage auseinandergesetzt, ob und in welchem Umfang sich der Betriebsrat über einen Twitter-Account zu betrieblichen Angelegenheiten äußern darf. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

Der antragsstellende Arbeitgeber ist ein Unternehmen des Gesundheitswesens, das mehrere psychiatrische Fachkliniken betreibt. Der Antragsgegner ist der bei ihr gewählte Betriebsrat.

Der Betriebsrat unterhielt einen Twitter-Account, über den er unter anderem folgende Tweets veröffentlichte:

„Einigungsstelle #Urlaub abgeschlossen, #Urlaubsplan genehmigt. #Newsletter kommt zeitnah in die Bereiche!“ Oder „BR hat Sonderregelung zu #Dienstplanänderungen an Ostertagen zugestimmt. Sie entspricht der Regelung zu Weihnachten 2016.!“

Die Arbeitgeberin vertrat die Ansicht, dass der Betriebsrat durch die Nutzung des Twitter-Accounts gegen die Grundsätze der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen habe. Das Arbeitsgericht gab dem Feststellungsantrag des Arbeitgebers auf Unzulässigkeit der Twitter-Nutzung statt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrates war vor dem Landesarbeitsgericht erfolgreich.

Das LAG Niedersachsen führt aus, dass der Antrag der Arbeitgeberin unbegründet sei. Er umfasse als sogenannter Globalantrag auch Fälle, die eindeutig und nach jeder Betrachtungsweise von ihm erfasst werden und für die es keine Rechtsgrundlage für ein derart weitgehendes Verbot gebe. Der Antrag fordere, dem Betriebsrat das Veröffentlichen von „betrieblichen Angelegenheiten“ via Twitter zu untersagen. Dieser Begriff sei extrem weit zu fassen. Damit erfasse der Antrag auch Fälle einer zulässigen Meinungsäußerung des Betriebsrats im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz. Wenn auch die allgemeine und uneingeschränkte Grundrechtsfähigkeit des Betriebsrates überaus problematisch sei und vom BAG erkennbar offen gelassen wurde, sei dem Betriebsrat jedenfalls auf der Grundlage des Artikel 19 Abs. 3 Grundgesetz eine beschränkte Grundrechtsfähigkeit zuzugestehen. Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nach Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz sei seinem Wesen nach auf die Tätigkeit des Gremiums des Betriebsrates anwendbar. Gemessen an diesen Grundsätzen gehe das erstinstanzlich titulierte Verbot zu  weit. Es erfasse erkennbar als Globalverbot auch Tatbestände und Sachverhalte, die der freien Meinungsäußerung des Betriebsrates gemäß Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz unterfallen. So sei es beispielsweise unproblematisch vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung des Betriebsrates gedeckt, wenn er als Gremium in der Öffentlichkeit zu einer geplanten und in der Presse besprochenen Betriebsstilllegung Stellung nehme, ohne dass diese öffentliche Diskussion in der Presse von der Arbeitgeberin initiiert wurde.