Das „Vierte Bevölkerungsschutzgesetz“ ist gestern unmittelbar nach der Billigung durch den Bundesratund der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Es ist heute in Kraft getreten. Das Gesetz können Sie hier herunterladen.
Das auch als „Corona-Notbremse“ titulierte Gesetz enthält die folgenden wesentlichen Regelungen, die Sie in einer Grafik auch hier noch einmal herunterladen können:
Bundesweit einheitliche Notbremse
Der Bundestagsbeschluss führt eine bundesweit verbindliche Corona-Notbremse im Bundesinfektionsschutzgesetz ein: Sie gilt ohne weitere Umsetzungsakte in Landkreisen und kreisfreien Städten, die Sieben-Tage-Inzidenzen von über 100 Infektionen pro 100.000 Einwohnern an drei aufeinanderfolgenden Tagen aufweisen.
Gesetzlich definierte Schutzmaßnahmen
Automatisch greifen dann ab dem übernächsten Tag bestimmte, im Gesetz dezidiert aufgezählte Schutzmaßnahmen, ohne dass die Länder noch Verordnungen beschließen müssten. Genannt sind unter anderem Kontakt- und nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 22 Uhr bis 5 Uhr, Restriktionen für Einzelhandel, Gastronomie, Hotels, Kultur-, Dienstleistungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Auch Ausnahmetatbestände für die Schutzmaßnahmen sind gesetzlich definiert. So ist Joggen und Spazierengehen bis 24 Uhr erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen auch Einkaufen mit Terminvergabe.
Ab einer Inzidenz von 100 wird für Schulen und Hochschulen Wechselunterricht verpflichtend – ab einer Inzidenz von 165 Distanzunterricht. Arbeitgeber sind gehalten, ihren Beschäftigten so weit wie möglich Homeoffice anzubieten.
Weitergehende Landesregelungen unberührt
Soweit Landesvorschriften bereits schärfere Maßnahmen vorsehen, bleiben diese bestehen. In Regionen mit stabilen Inzidenzen unter 100 können die Länder außerdem mit eigenen Verordnungen über Einschränkungen oder Lockerungen entscheiden. Die gesetzliche Notbremse ist bis zum 30. Juni 2021 befristet. Verordnungen mit Zustimmung des Gesetzgebers Außerdem im Gesetz vorgesehen: Verordnungsermächtigungen für die Bundesregierung, damit diese mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat weitere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus und besondere Regelungen für geimpfte oder negativgetestete Personen erlassen kann.
Zusätzliche Kinderkrankentage
Flankierend wird das Kinderkrankengeld für gesetzlich versicherte Berufstätige um 10 zusätzliche Tage, für Alleinerziehende um 20 Tage ausgeweitet, damit diese ihre Kinder während pandemiebedingter Schul- oder Kita-Schließung zuhause betreuen können. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung grundsätzlich auch im Homeoffice erbracht werden kann. Erst im Januar hatte der Bundesrat der Erhöhung auf 20 bzw. 40 Tage für das Jahr 2021 zugestimmt.
Neue Homeoffice-Regelung Annahmepflicht des Arbeitnehmers
Durch das Gesetz wird die bisher in der Arbeitsschutz-Verordnung (§ 2 Absatz 4) geregelte Pflicht des Arbeitgebers, Beschäftigten mit Büro- oder vergleichbaren Tätigkeiten das Arbeiten von zu Hause aus anzubieten, nach § 28b Absatz 7 IfSG überführt und ergänzt. Der mit Büro- oder ähnlichen Tätigkeiten beschäftigte Arbeitnehmer muss nunmehr das Angebot seines Arbeitgebers annehmen, soweit er keine Gründe geltend machen kann, das Angebot abzulehnen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, diese Ablehnungsgründe zu erfragen oder ihre Stichhaltigkeit zu ergründen. Die Änderung löst daher keine unmittelbaren neuen Handlungspflichten des Arbeitgebers aus.
Lehnt der Arbeitnehmer ein Angebot ab, bietet es sich an, diese Ablehnung festzuhalten. Dafür genügt z.B. eine E-Mail des Arbeitnehmers, nicht von daheim aus arbeiten zu können. Im Übrigen übernimmt der neue § 28b Abs. 7 IfSG den Wortlaut des nunmehr gestrichenen § 2 Abs. 4 der Corona-Arbeitsschutzverordnung. Es ändert sich daher nichts daran, dass die Tätigkeit von zu Hause auch im Sinne des IfSG keine Telearbeit nach der Arbeitsstättenverordnung ist.
Mit der Überführung der Homeoffice-Regelung aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung in das IfSG, sind nun von den Ländern zu bestimmende Behörden für den Vollzug dieser Regelung zuständig. Das IfSG sieht in seinem § 73 IfSG allerdings keine erweiterten oder neuen Sanktionen vor. Die Vorschrift verweist nicht auf den § 28b Abs. 7 IfSG. Die von den Ländern bestimmte Behörde kann insoweit nach unserer Auffassung auch nicht auf den allgemeinen Katalog von §§ 22, 25 ArbSchG zurückgreifen. Der Gesetzgeber hat sich entgegen der bisherigen Systematik für die Herauslösung der Verpflichtung, Arbeit von daheim zu ermöglichen, aus dem allgemeinen Arbeitsschutzrecht entschieden.
Mit Veröffentlichung der Dritten Verordnung zur Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung im Bundesanzeiger werden auch diese Regelungen heute in Kraft treten (vgl. nachfolgend Punkt 2).