Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat aktuelle Zahlen zur Entwicklung der Arbeitszeit in Deutschland veröffentlicht (IAB-Kurzbericht 06/2021). Demnach nehmen die Arbeitsstunden im Jahr 2021 nach dem Einbruch im Jahr 2020 wieder deutlich zu, erreichen aber noch nicht den Stand vor der Corona-Krise.
Nachdem die durchschnittliche Jahresarbeitszeit aller Voll- und Teilzeitbeschäftigten 2020 aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie gegenüber dem Vorjahr um -3,2 % gesunken war, werde sie laut IAB-Prognose im Jahr 2021 wieder um 2,2 % gegenüber 2020 steigen. Trotz dieses Anstiegs werde 2021 der Stand vor der Krise aber noch nicht wieder erreicht.
Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen – das Produkt aus der durchschnittlichen Arbeitszeit und der gesamten Erwerbstätigenzahl – das im Jahr 2020 mit -4,7 % gegenüber dem Vorjahr so stark eingebrochen war, wie noch nie zuvor, werde im Jahr 2021 voraussichtlich wieder auf ein Gesamtvolumen von insgesamt 60,63 Milliarden Stunden steigen. Im Jahr 2019 lag das Arbeitsvolumen mit 62,60 Milliarden Stunden im Jahr noch deutlich über diesem Niveau.
Entwicklung der unterschiedlichen Arbeitszeitkomponenten 2020 und Prognosen für 2021 im Überblick:
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aller Vollzeitbeschäftigten lag 2020 mit 38,2 Stunden pro Woche auf dem Vorjahresniveau und werde sich laut IAB-Prognose auch 2021 nicht ändern. Aufgrund des stetigen Rückgangs des Minijob-Anteils an allen Teilzeitbeschäftigten, werde die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten auch 2021 weiter ansteigen – im Durchschnitt um 6 Minuten auf 17,9 Stunden. Im Schnitt werde damit die Wochenarbeitszeit aller Voll- und Teilzeitbeschäftigen in Deutschland im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr unverändert bei 30,4 Stunden liegen.
Die bezahlten Überstunden pro Arbeitnehmer nahmen im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 3,3 Stunden ab und betrugen damit im durchschnittlichen Jahresvolumen pro Beschäftigten 19,0 Stunden. Für das Jahr 2021 prognostiziert das IAB ein Überstundenvolumen von 19,4 Stunden pro Arbeitnehmer pro Jahr. Die unbezahlten Überstunden reduzierten sich im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Stunden und betrugen somit 21,9 Stunden pro Beschäftigten pro Jahr. Für das Jahr 2021 prognostiziert das IAB eine minimale Zunahme von 0,2 Stunden bzw. 12 Minuten pro Beschäftigten im Jahr. Bei dem Ausweis der unbezahlten Überstunden ist zu beachten, dass hierunter auch Überstunden fallen, die zwar nicht separat vergütet, z.B. aber arbeitsvertraglich durch ein entsprechendes Jahresgehalt abgegolten werden – wie dies oftmals bei Führungskräften der Fall ist. Überstunden, die auf Arbeitszeitkonten gebucht werden, sind in den Zahlen der „Überstunden“ nicht enthalten. Sie werden durch die Veränderungen der Salden der Arbeitszeitkonten erfasst.
Die Saldenveränderung der Arbeitszeitkonten lag 2020 bedingt durch die Folgen der Corona-Pandemie bei -3 ,0 % gegenüber dem Vorjahr. Laut Prognose der IAB-Forscher werden die Arbeitszeitkonten 2021 erst ab dem zweiten Halbjahr gefüllt, woraus sich auch dieses Jahr insgesamt noch ein leichter Abbau von 0,3 Stunden ergeben werde.
Die Zahl der konjunkturellen Kurzarbeit ist aufgrund des zweiten Lockdowns ab November 2020 wieder gestiegen. Damit lag das Ausfallvolumen bei rund 1,7 Mrd. Stunden im Jahr 2020. Zum Vergleich: In den Jahren vor der Krise schwankte das Ausfallvolumen zwischen 64 und 75 Mio. Stunden im Jahr. Mit zunehmenden Lockerungen und anziehender Konjunktur werde die Zahl der Kurzarbeiter laut IAB in der zweiten Jahreshälfte kräftig sinken. Dennoch werde sich das Ausfallvolumen im Jahr 2021 voraussichtlich auch noch auf rund 950 Mio. Stunden belaufen. Dies entspreche laut IAB rechnerisch einem Beschäftigungsäquivalent von knapp 700.000 Arbeitnehmern.
Der tarifliche Regelurlaub lag auch 2020 auf dem seit Jahren unveränderten Niveau von durchschnittlich 29,6 Tagen und wird sich nach Angaben des IAB 2021 nicht verändern. Die sonstigen Freistellungstage befinden sich im Jahr 2020 mit 32,4 und im Jahr 2021 mit 31,9 Tagen über dem Niveau der Vorjahre (31 Tage). Begründet wird dies mit Arbeitsausfällen von Beschäftigten, die aufgrund von Quarantäne oder Kita- und Schulschließungen ihrer Arbeit nicht regulär nachkommen konnten.
Die ausgefallenen Arbeitstage durch Krankenstand lagen im Corona-Jahr 2020 nur 0,3 Tage über dem Niveau des Jahres 2019. Im Jahr 2021 sinken diese mit durchschnittlich insgesamt 10,9 Tagen pro Beschäftigten voraussichtlich wieder auf das Niveau von 2019.
Auch im zweiten Jahr der Corona-Krise zeigt sich, wie wichtig die Instrumente Kurzarbeit und tarifvertragliche Arbeitszeitflexibilität sind, um die Folgen des wirtschaftlichen Einbruchs abfedern zu können. Dies hatte bereits die Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 gezeigt. Mit zahlreichen Corona-bedingten Tarifregelungen haben die Branchen auch diesmal gezeigt, dass sie aus eigener Kraft tragfähige Lösung finden, um in Zeiten hoher Unsicherheit für Stabilität zu sorgen. Dies macht deutlich, dass die Sozialpartner immer ein wichtiger Wegweiser aus der Krise sind. Dieses Bemühen muss aber durch kluge politische Entscheidungen und einer durchdachten „Post-Corona-Strategie“ flankiert werden.