Befristungsrecht: AGB-Klausel über fehlende Vorbeschäftigung unzulässig

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Eine Vertragsklausel in einem Standardvertrag, mit welcher der Arbeitnehmer bestätigen soll, nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden zu haben, ist als Tatsachenbestätigung, die geeignet ist, die Beweislast zu Lasten des anderen Vertragsteils und zugunsten des Verwenders zu verändern, unwirksam.

In einem jetzt veröffentlichtem Urteil vom 11.03.2020 (4 Sa 44/19) hat sich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Arbeitnehmer in einem Standardarbeitsvertrag wirksam erklären kann, dass er nicht zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden hat. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

Die Klägerin wurde von der Beklagten mit Arbeitsvertrag vom 05.04.1999 mit Wirkung ab 06.04.1999 eingestellt. Das Arbeitsverhältnis war befristet bis 31.07.2000. Die Klägerin arbeitete in Vollzeit und wurde im Betrieb der Beklagten als Montierungsarbeiterin für Scheinwerfer in der Montage eingesetzt. Dieses Arbeitsverhältnis ging mit Wirkung ab 01.09.1999 im Rahmen eines Betriebsübergangs auf eine andere Firma derselben Gruppe über. Die Klägerin schied nach Befristungsablauf zunächst aus dem Erwerbsleben aus, um sich familiären Tätigkeiten insbesondere der Kindererziehung zuzuwenden. Im Jahr 2014 bewarb sich die Klägerin erneut bei der Beklagten. Es kam Ende 2014 zu einem Vorstellungsgespräch, dessen Inhalt streitig ist. Die Klägerin legte der Beklagten einen auf den 22.10.2014 datierten Lebenslauf vor. In diesem war eine Vorbeschäftigung bei der Beklagten nicht aufgeführt. Die Klägerin füllte auf Aufforderung der Beklagten zudem einen auf den 29.10.2014 datierten Personalbogen aus. Darin kreuzte sie bei der Frage „Waren Sie schon in einem Betrieb der B-Gruppe beschäftigt?“ das Kästchen mit der Antwort „Ja“ an. Nach einer Vorbeschäftigung bei der Beklagten selbst wurde die Klägerin in dem Fragebogen nicht gefragt. Die Parteien schlossen dann unter dem 05.12.2014 einen erneuten Arbeitsvertrag, mit welchem die Klägerin als Anlagenbedienerin für die Zeit vom 08.12.2014 bis 30.04.2015 befristet eingestellt wurde. Der Arbeitsvertrag enthielt unter Nummer 1.1 Abs. 2 folgende Regelung: „Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben.“ Auf das Arbeitsverhältnis findet gemäß Nummer 2 des Arbeitsvertrages sowie wegen der beiderseitigen Tarifbindung der Parteien die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung. Nachdem in der Folgezeit verschiedene Verlängerungen jeweils fristgerecht vereinbart wurden (unter anderem aufgrund tarifvertraglicher Verlängerungsmöglichkeiten) wurde die Befristung letztmalig bis 30.09.2018 verlängert.

Mit ihrer am 19.10.2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage wehrte sich die Klägerin gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Befristungsablaufs.

Das Landesarbeitsgericht hat zweitinstanzlich entschieden, dass die sachgrundlose Befristung wegen der Vorbeschäftigung der Klägerin unwirksam war. Insbesondere könne sich die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 12b BGB nicht darauf berufen, dass die Klägerin im Rahmen des Arbeitsvertrages bestätigt habe, bisher nicht bei der Beklagten beschäftigt gewesen zu sein. Danach sei auch eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn der Verwender damit versuche, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Dies gilt auch für solche Klauseln, die lediglich eine Änderung der Darlegungslast vorsehen. Hierzu zählen – so das LAG – insbesondere Tatsachenbestätigungen die rechtlich relevante Umstände beschreiben oder Wissenserklärungen, wenn sie sich zum Nachteil des Kunden auswirken können sowie Erklärungen über tatsächliche Vorgänge. Die Beklagte wäre wegen der Tatsachenbekundung unter Vorlage des Arbeitsvertrages im Prozess in der Lage gewesen, die von der Klägerin behauptete Vorbeschäftigung substantiiert – und nicht nur einfach – zu bestreiten. Damit wäre die Beklagte in der Lage gewesen, die Klägerin in eine erhöhte Darlegungslast in ihrer Klageerwiederung zu bringen. Das LAG merkt an, dass aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin die Vorbeschäftigung im Lebenslauf nicht erwähnt habe, allenfalls eine unvollständige Auskunft durch Weglassen vorliegen würde. Es sei zumindest fahrlässig, dass die Beklagte Nachfragen trotz entsprechendem Anlass unterlassen habe. Dies schließe eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Beklagten in die Vollständigkeit der klägerischen Angaben aus. Das LAG führt darüber hinaus aus, dass die Klägerin auch nicht gehalten gewesen sei, die Beklagte ungefragt von sich aus auf die Vorbeschäftigung hinzuweisen. Von dem Vorbeschäftigungsverbot – so das Landesarbeitsgericht – war auch keine Ausnahme wegen Unzumutbarkeit zu machen, weil eine Vorbeschäftigung sehr lange zurücklag, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Dem stehe die Zielsetzung der Aufrechterhaltung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform entgegen.