Berechnung von Annahmeverzugsvergütung und Erstattung von Fahrtkosten

Aktuelle Rechtsprechung, Newsletter

ArbG Bonn, Urteil vom 24.04.2024, 5 Ca 1149/23

Spricht der Arbeitgeber eine unwirksame Kündigung aus und hat der Arbeitnehmer zur Erzielung anderweitigen Verdienstes während des Annahmeverzugszeitraums höhere Fahrtkosten als bei fortgeführtem Arbeitsverhältnis, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Arbeitgeber, welcher auf den Ersatz dieser Fahrtkosten gerichtet ist.

Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers fristlos gekündigt. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte sowohl am Arbeitsgericht als auch am Landearbeitsgericht Erfolg. Der Kläger hat daraufhin Annahmeverzugsvergütung geltend gemacht. Die Parteien streiten über die Berechnungsgrundlage hierfür und darüber, ob der Arbeitgeber dem Kläger Fahrtkosten zu erstatten hat, die dieser für den weiteren Weg zu seinem neuen Arbeitgeber, bei dem er anderweitigen Erwerb erzielte, aufwenden musste. Die Zahlungsklage des Klägers hat teilweise Erfolg.

Während des Annahmeverzugs nach unwirksamer Kündigung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Leistungen mit Entgeltcharakter grundsätzlich weiter zu gewähren (§ 615 Satz 1 BGB). Abzuziehen von dem Nachzahlungsanspruch ist gemäß § 11 KSchG u.a. erzielter anderweitiger Verdienst. Das im Annahmeverzug fortzuzahlende Entgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip zu bemessen (BAG, Urteil vom 14.12.2023, 2 AZR 114/22). Zu zahlen ist die Vergütung, die der Dienstpflichtige bei Weiterarbeit erzielt hätte. Mangelt es bei schwankender Vergütung an Vereinbarungen oder an anderen festen Anhaltspunkten für die Frage des mutmaßlich erzielten Entgelts, so ist es gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 495, § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Dabei kann die vom Arbeitnehmer bis zum Eintritt des Annahmeverzugs erzielte Vergütung einen Anhaltspunkt liefern. Hier sind neben dem Grundgehalt, regelmäßige Sonderzahlungen, Zulagen und Überstundenvergütung zu berücksichtigen. Es ist ein hinreichend langer und somit repräsentativer Zeitraum zu wählen (hier: 8 Monate). Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit vorzutragen, dass in diesem Referenzzeitraum aus betrieblichen, produktionstechnischen und auch in der Person des Klägers liegenden Gründen besonders hohe und deshalb nicht repräsentative Zuschläge angefallen wären. Das Arbeitsgericht Bonn hat in dieser Entscheidung aber auch klargestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber mit Blick auf die Fahrtkosten zur Erzielung anderweitigen Erwerbs hat. Aufwendungen zur Erzielung anderweitigen Erwerbs stellen keinen ersatzfähigen Schaden nach Ausspruch einer Kündigung dar. Sie sind vielmehr Aufwendungen im Eigeninteresse, die der gekündigte Arbeitnehmer unter Umständen als Abzugsposten von dem anderweitig erzielten Erwerb geltend machen kann.