Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 28. Oktober 2022 (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/1026/tagesordnung-1026.html?nn=4352766) zum Regierungsentwurf für das „Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022)“ Stellung genommen.
Die Empfehlungen der zuständigen Ausschüsse an den Bundesrat können Sie hier herunterladen.
Insbesondere folgende Aspekte des Beschlusses verdienen Beachtung:
- Der Bundesrat spricht sich für eine Wesentlichkeitsgrenze bei der Bildung von aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) aus, die sich betragsmäßig an der Wesentlichkeitsgrenze von geringwertigen Wirtschaftsgütern orientiert, damit diese nicht ab dem ersten Cent gebildet werden müssen. Damit reagiert der Bundesrat auf das BFH Urteil vom 16. März 2021 – X R 34/19, BStBl. II S. 844, welches den Verzicht zur Bildung von RAP in Bagatellfällen aufgrund mangelnder gesetzlicher Regelung verneinte. Für die gesetzliche Schaffung einer Wesentlichkeitsgrenze bei der Bildung von RAP hat sich der BDI zuletzt in einem Brief im Rahmen des Arbeitskreises „Steuerfragen der Personenunternehmen“ an die Parlamentarische Staatssekretärin des BMF, Katja Hessel, ausgesprochen, da dies dem Gedanken des Bürokratieabbaus Rechnung trage.
- Der Bundesrat regt an, die Grenze für den sofortigen Betriebsausgabenabzug für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG-Grenze) auf von aktuell 800 Euro auf 1.000 Euro zu erhöhen. Im Zuge dessen würden Poolabschreibungen überflüssig und daher wegfallen. Der BDI begrüßt diesen Vorschlag mit dem Gedanken des Bürokratieabbaus ausdrücklich.
- Der Bundesrat sieht die Streichung des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG kritisch, wonach Unternehmen nach geltendem Recht eine tatsächlich geringere Nutzungsdauer von Gebäuden entsprechend für die Bestimmung der Abschreibung zugrunde legen konnten. Das BFH-Urteil vom 28. Juli 2021 – Az. IX R 25/19 erfordere keine Streichung der Norm als solche, sondern vielmehr eine Konkretisierung der Kriterien zum Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer. Der BDI unterstützt diese Forderung nach einer Konkretisierung anstelle einer Streichung der Norm.
- Der Bundesrat regt an, § 6 Abs. 5 EStG zu erweitern, um die BFH-Urteile vom 15. Juli 2021 – IV R 36/18 sowie vom 18. August 2021 -XI R 43/20 (Parallelentscheidung desselben Datums – XI R 20/19) zu berücksichtigen und eine weitere gesetzliche Grundlage für das Vorliegen eines Sperrfristverstoßes bei der Veräußerung eines (Teil-) Mitunternehmensanteils zu schaffen. Mit der neuen Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 5 bis 7 EStG-E soll die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils auch anzunehmen sein, wenn ein Mitunternehmer nicht seinen gesamten Mitunternehmeranteil, sondern nur einen Teil dieses Anteils veräußert.
- Ferner fordert der Bundesrat die Neufassung des § 27 Abs. 8 KStG, um ab dem Veranlagungszeitraum eine gesetzliche Grundlage für die Einlagenrückgewähr von Drittstaaten- und EWR-Kapitalgesellschaften zu schaffen.
- Der Bundesrat spricht sich für eine monatsbezogene Berücksichtigung der Arbeitszimmerpauschale nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b EStG aus, da diese zu „mehr Steuergerechtigkeit als eine Jahrespauschale“ führe.
- Zudem bittet der Bundesrat im Zusammenhang mit dem häuslichen Arbeitszimmer im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b EStG in Bezug auf die Jahrespauschale für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers eine Ergänzung zur Regelung der Fälle aufzunehmen ist, in denen ein häusliches Arbeitszimmer durch mehrere Personen genutzt wird.
- Der Bundesrat fordert eine Erweiterung des § 6 Absatz 4 GrEStG um weitere Tatbestände im Zusammenhang mit einer Optionsausübung nach § 1a KStG, sodass zukünftig auch eine Grundstücksübertragung von einer optierten Gesellschaft auf ihre(n) Gesamthänder oder eine andere Gesamthand nicht mehr steuerbegünstigt unter Beachtung der Sperrfrist ist. Der BDI spricht sich seit Jahren gegen eine Verschärfung der §§ 5 und 6 GrEStG aus und fordert vielmehr eine grundlegende Reform der Konzernklausel mit dem Ziel, zukünftig alle Grundstücksbewegungen innerhalb eines Konzerns steuerfrei zu ermöglichen und Grunderwerbsteuer nur zum Zeitpunkt des Ein- und Austritts in den Unternehmensverbund zu erheben.
Die folgenden Aspekte haben es nicht in die Beschlussfassung geschafft, sind jedoch von Interesse:
- Der Finanzausschuss bat darum, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die in den §§ 138d ff. AO geregelte Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen um die Pflicht zur Mitteilung innerstaatlicher Steuergestaltungen zu ergänzen und verwies dabei auf die entsprechenden Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Der BDI sieht weitere Anzeigepflichten unter Berücksichtigung der Vielzahl von bereits bestehenden Compliance Pflichten mit Blick auf den enormen Bürokratieaufwand sehr kritisch.
- Der Wirtschaftsausschuss regte eine zügige Vorlage eines Gesetzentwurfs für die im Koalitionsvertrag angekündigte Investitionsprämie beziehungsweise Superabschreibung an.
- Ferner regte der Wirtschaftsausschuss vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland eine Absenkung der Steuerbelastung auf ein wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent und eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags an. Neben dem Jahressteuergesetz hat der Bundesrat auch zum Inflationsausgleichsgesetz Stellung genommen.
Die Beschlussempfehlung, die vom Bundesrat in der Form Zustimmung fand, können Sie hier herunterladen.