LAG Niedersachsen, Urteil vom 21.02.2024, 8 Sa 564/23
Es verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein Arbeitgeber zur weiteren Bedingung der Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie bzw. eines Inflationsbonus macht, dass der bzw. die Beschäftigte Teil seiner „active workforce“ ist. Es ist nicht sachwidrig, eine Sonderleistung nur denjenigen Beschäftigten zukommen zu lassen, von denen sich der Arbeitgeber auch in Zukunft Arbeitsleistung erwartet bzw. erhofft, um hierfür einen Anreiz zu setzen.
Der Kläger befindet sich seit dem 01.04.2021 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. In einem Informationsschreiben vom 09.12.2022 wurde allen Beschäftigten, auch dem Kläger, mitgeteilt, dass an alle bezugsberechtigten Beschäftigten – Stichtag 01.10.2022 – die freiwillige Inflationsausgleichsprämie von 1.500 € im Dezember 2022 ausgezahlt wird. Bezugsberechtigt sind danach alle Beschäftigten mit Ausnahme der Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranden (ohne Entgeltbezug), Soldaten sowie Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit. Der Kläger hat ebenfalls die Zahlung dieser Prämie verlangt und beruft sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Arbeitsverhältnis sei noch nicht beendet. Der Kläger sei so zu behandeln wie die anderen Mitarbeiter auch. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch seine Berufung hat vor dem LAG Niedersachsen keinen Erfolg.
Ein Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, ist zwar grundsätzlich an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Dieser Grundsatz verbietet dem Arbeitgeber aber nur eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Vorliegend hat die Beklagte allen ihren Beschäftigten eine Bezugsberechtigung eingeräumt und lediglich die Praktikanten, Werkstudenten, Diplomanden, Doktoranten ohne Entgeltbezug, Soldaten und Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit – wie den Kläger – hiervon ausgenommen. Die Beklagte hat dies damit begründet, dass sie zwischen sogenannter „active workforce“ und sogenannter „non-active workforce“ habe differenzieren wollen. Sie habe die – zusätzliche – auf betrieblicher Ebene gezahlte Inflationsausgleichsprämie nur denjenigen Beschäftigten zukommen lassen wollen, von denen sie sich auch in der Zukunft Arbeitsleistung erwartet bzw. erhofft habe. Sie habe diesen Beschäftigtenkreis durch die Zahlung – auch – zur Erbringung zukünftiger Leistungen motivieren wollen. Dieses Kriterium ist nicht sachwidrig. Die Beklagte verfolgt hiermit ein anerkennenswertes Interesse. Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit – wie der Kläger – haben nach den vertraglichen Bedingungen zukünftig keine Arbeitsleistung mehr zu erbringen, die Beklagte vermag sie durch die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie daher auch nicht zu solcher Arbeitsleistung zu motivieren. Die Beklagte hat eine nachvollziehbare und nicht sachwidrige Differenzierung verschiedener Gruppen vorgenommen. Der Kläger kann seinen Anspruch entsprechend nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu stützen.