Massenentlassung – Sanktion für Fehler im Anzeigeverfahren – Änderung der BAG-Rechtsprechung?

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BAG, Mitteilung zu den Verfahren -6 AZR 157/22 (B)-, -6 AZR 155/21

Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigt, seine Rechtsprechung, dass eine im Rahmen einer Massenentlassung ausgesprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB unwirksam ist, wenn im Zeitpunkt ihrer Erklärung keine oder eine fehlerhafte Anzeige nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG vorliegt, aufzugeben.

Hierin liegt eine entscheidungserhebliche Abweichung zur Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts seit dessen Urteil vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 -). Der erkennende Senat hat deshalb in dem Verfahren nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG angefragt, ob der Zweite Senat an seiner Rechtsauffassung festhält, und den Rechtsstreit bis zur Beantwortung der Divergenzanfrage entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt.

Hintergrund ist das Urteil des EuGH vom 13.07.2023 (C-134/22), in dem dieser auf Anfrage des BAG eine individualschützende Wirkung von Massenentlassungsanzeigen bei den zuständigen Behörden verneint hatte.

Diese Wertung bezieht sich nicht auf die Pflicht zur Konsultation des Betriebsrates vor Massenentlassungen nach § 17 (2) KSchG. Diesbezüglich wird man der bisherigen Rechtsprechung des BAG nach im Falle eines Unterlassens auch weiterhin von der individualrechtlichen Unwirksamkeit der Kündigung ausgehen müssen.