Am Mittwoch, 11. Oktober 2023, trafen sich im Castanea-Forum in Adendorf rund 150 Gäste aus Unternehmen, Verwaltung und Bildung, zu der jährlichen Konferenz des Arbeitgeberverbandes. Diskutiert wurden kontroverse und zugleich innovative Perspektiven über die zukünftige Arbeits- und Wirtschaftswelt.
Unser Hauptgeschäftsführer, Bernd Wiechel, machte in seiner Begrüßungsrede unmissverständlich klar, dass sich etwas ändern muss: „Wir müssen uns ehrlich machen, vor allem in der Politik“, betonte er und kritisierte dabei insbesondere die wirtschaftlichen Folgen politischen Handelns in verschiedenen Branchen, wie beispielsweise in der Pflege, und den Druck, der auf Unternehmen durch steigende Energie- und Lohnkosten lastet.
Doch war es der ehemalige Pilot Philip Keil, der mit seinem Vortrag über Entscheidungsfreudigkeit, Verantwortung und Mut die Anwesenden buchstäblich in seinen Bann zog. Keil vermittelte eindringlich, wie entscheidend wenige Sekunden im Leben, aber auch in der Unternehmensführung sein können: „Manchmal entscheiden zwei Sekunden zwischen einem Crash oder einer Punktlandung“, so Keil, der zudem betonte, dass wahre Führungskräfte ihre Teams in den Rollentausch involvieren und den Mut zu „überlebbaren Fehlern“ fördern sollten.
In parallelen Foren konnten sich die Gäste im Verlauf der Veranstaltung zudem über verschiedene Themen informiert, wie etwa über Arbeitszeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit sowie Vertrauen in der Personalarbeit. Auch das Bildungswerk der niedersächsischen Wirtschaft, das als Mitveranstalter agierte, lieferte einen spannenden Beitrag zur ökonomischen Bildung an Schulen.
Ein markanter Punkt während des Forums war das Referat von Dr. Andreas Bachmeier, Kommunikationsexperte, der den Finger in eine oft vernachlässigte Wunde der gesellschaftlichen Wahrnehmung legte. Unter dem Hinweis, dass 109 von 1000 Mördern in der Krimi-Reihe „Tatort“ Unternehmer sind, sprach er über das Unternehmerbashing in der Öffentlichkeit und unterstrich die Wichtigkeit eines verstärkten ökonomischen Verständnisses und einer vermehrten Wertschätzung für unternehmerische Wertschöpfung in der Gesellschaft. Denn Fakten verlieren nach Bachmeier zusehends an Gewicht gegenüber Gefühlen und das hat klare Konsequenzen für unser wirtschaftliches und gesellschaftliches System, wie etwa einen rückläufigen Wunsch nach Selbstständigkeit.
„Unser AV-Forum ist nicht nur eine Bühne für den Austausch von Expertenwissen, sondern ermöglicht auch den Blick über den Tellerrand des eigenen Wirtschaftsbereiches hinweg und liefert zahlreiche Impulse für die Zukunftsgestaltung von Unternehmen und Arbeitnehmern in Lüneburg Nordostniedersachsen“ zeigte sich Bernd Wiechel zufrieden.
Einige Stimmen der Teilnehmer:
Angelika Brauer, Geschäftsführerin des Jobcenters Lüneburg:
Der Vortrag von Philip Keil, hat mich als erfahrene Führungskraft sehr beeindruckt und mich dabei gestärkt, dass mutige Entscheidungen, die man trifft, besser sind, als wenn man keine Entscheidungen treffen würde. Die Konsequenzen, keine Entscheidungen zu treffen, können häufig sehr gravierend ausfallen.
Die Konferenz des Arbeitgeberverbandes gibt mir die Möglichkeit, den wertvollen Austausch mit Arbeitgebern in unserer Region zu finden. Dies ist eine wichtige Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter und den Arbeitgebern.
Christian Sommer, Vorstandsvorsitzender der Werum AG
Für mich war der Vortrag von Dr. Andreas Bachmeier ein wichtiger Impuls. Rechtzeitige Kommunikation mit der und Empathie für die „andere Seite“ sind ein Schlüssel, um gemeinsam voranzukommen. Unwissenheit und Dogmen sind die aktuellen Blockaden.
Im Forum Arbeitsrecht zu Vertrauensarbeitszeit musste ich erschrocken erkennen, dass die Politik/Entscheider von Regelungen (hier als Beispiel die Arbeitszeiterfassung) rein gar nichts von der Realität im Arbeitsleben kennen bzw. diese ideologisch ignorieren. Letztlich findet sich niemand (Arbeitgeber aber auch Arbeitnehmer) in den Entwürfen wieder.
Christiane Finner, Geschäftsführerin der Volkshochschule Region Lüneburg: Mich interessiert besonders der Blick über den Tellerrand im Rahmen unsere Organisationsentwicklungsprozesses im Austausch mit Führungskräften aus anderen Branchen. Aus dem Workshop von Karin Haas nehme ich gute Impulse für unseren eigenen Transformationsprozess und die Weiterentwicklung unseres Angebots im Bereich Beruflicher Bildung mit.
Torsten Blankenburg, Vorstand Technik, SIEB & MEYER AG: Die beiden Impulsvorträge haben mich darin bestätigt, dass das Aufschieben von Entscheidungen keine Lösung ist und eine offene Kommunikation innerhalb und außerhalb des Unternehmens geboten ist. Durch Veranstaltungen wie diese, ermöglicht das AV-Forum einen Austausch zu den aktuellen Herausforderungen auf Unternehmerebene in der Region und über die eigene Branche hinaus.
Hermann Simon, Wirtschaftslehrer Hanseschule Oedeme: Sehr beeindruckt haben mich die Ausführungen des Piloten Philip Keil zum Thema „Vertrauen.“ Von einem Insider etwas über die Zusammenarbeit zwischen Pilot und Copilot im Cockpit zu erfahren, geht weit über das hinaus, was man als Passagier erahnt. Sehr anschaulich vermittelt wurde dieses Teamwork am Beispiel der Notlandung eines US-Airwaysfluges auf dem Hudson River. Viele der Aspekte dieses Miteinanders sind sicherlich auf berufliche, als auch auf private Situationen übertragbar. Sehr positiv wahrgenommen habe ich auch, wie viel Mühe sich Unternehmen mittlerweile bei der Gewinnung von Nachwuchskräften geben. Von den dargestellten Planspielen oder praxisorientierten Informationsmodulen können Schülerinnen und Schüler bei der – nicht immer einfachen – Berufswahl sicherlich profitieren. Eine gute Verzahnung von Schule und Wirtschaft könnte somit eine wirkliche Win-Win Situation sein.
