Rückständiges Arbeitsentgelt nach angeordneter Kurzarbeit

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Der Arbeitgeber darf einseitig Kurzarbeit nur anordnen, wenn dies einzelvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Bei einer Anordnung ohne rechtliche Grundlage besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld und Arbeitnehmer behalten ihren vollen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers.

In einem Urteil vom 11.11.2020 (4 Ca 1240/20) hat sich das Arbeitsgericht Siegburg mit der Frage der monetären Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Kurzarbeitsanordnung beschäftigt. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

Der Kläger war bei der Beklagten als Omnibusfahrer beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug 2.100,00 €. Ein Betriebsrat war nicht gewählt. Im März 2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das Kurzarbeit in verschiedenen Bereichen des Betriebes angemeldet werden müsse. Eine Vereinbarung über Kurzarbeit wurde mit dem Kläger aber nicht geschlossen. Der Kläger bot vielmehr der Beklagte seine Arbeitsleistung an.

Die Beklagte kürzte sodann ab März 2020 einen Teil des Gehaltes des Klägers und bezeichnete die Zahlung in der erteilten Abrechnung als „Kurzarbeitergeld“. Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem Arbeitsgericht Siegburg erfolgreich.

Das Arbeitsgericht merkt an, dass sich der Zahlungsanspruch des Klägers aus dessen Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 a Abs. 2 BGB, § 615 BGB ergebe. Die Beklagte befand sich mit einem Teil des Lohns im Annahmeverzug. Kurzarbeit sei im Betrieb der Beklagten für den Kläger nicht wirksam vereinbart worden. Der Arbeitgeber dürfe Kurzarbeit einseitig nur dann anordnen, wenn dies entweder individualvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig sei. Bei einer Anordnung ohne rechtliche Grundlage bestehe kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld und Arbeitnehmer behalten ihren vollen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers. Bestehe ein Betriebsrat, so habe dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Einführung der Kurzarbeit. Im entschiedenen Fall war jedoch die Anordnung der Kurzarbeit weder individualvertraglich noch durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig bzw. gedeckt. Die Beklagte habe mit dem Kläger keine wirksame Individualvereinbarung zur Kurzarbeit geschlossen. Da ein Betriebsrat bei der Beklagten nicht bestand und damit auch keine Betriebsvereinbarung vorlag und darüber hinaus keine tarifvertragliche Vorschrift bestand war die Anordnung rechtswidrig.