Ein Beschäftigter ist unfallversichert, wenn er ein Fahrrad, das sein Arbeitgeber für ihn im „JobRad-Modell“ geleast hat, außerhalb seiner eigentlichen Arbeitszeit, aber in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung und mit bestimmten Vorgaben des Arbeitgebers zu einer alljährlichen Inspektion in eine Vertragswerkstatt bringt.
In einem Urteil vom 21.10.2021 (Az. L 1 U 779/21) hat sich das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit der Frage eines unfallversicherten Weges bei Verbringung eines JobRades zu einer Inspektion auseinandergesetzt. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:
Der Arbeitgeber hatte mit Zustimmung seines Betriebsrates seinen Mitarbeitern ein JobRad-Modell angeboten. Dieses sollte einen Beitrag zur Verbesserung und Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter*innen leisten, die Parkplatzsituation auf dem Betriebsgelände verbessern und einen Beitrag zu dem Programm „Fahrrad-Stadt Schwäbisch Gmünd“ leisten. In seinen Leasingverträgen mit der JobRad GmbH buchte der Arbeitgeber auch eine besondere alljährliche Wartung auf Kosten der JobRad GmbH. Sodann verpflichtete er in den vorformulierten Überlassungsverträgen die teilnehmenden Mitarbeiter u.a. ausdrücklich zur Durchführung dieser Jahreswartung. Im November 2017 erinnerte er die Mitarbeiter durch E-Mail an diese Wartung, wobei er die Werkstatt und die Modalitäten zur Bezahlung der Wartung vorgab. Die klagende Arbeitnehmerin verunglückte im März 2018 nach Abholung des gewarteten Rades auf dem Weg von der Werkstatt nach Hause, als an einem haltenden PKW unvorsichtig die Fahrertür geöffnet wurde. Dabei erlitt sie erhebliche Verletzungen am linken Knie. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil die Abholung des Rades eine privatnützige Tätigkeit gewesen sei. Nachdem sich das Sozialgericht Ulm dieser Auffassung angeschlossen und die Klage abgewiesen hatte, hatte die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin Erfolg. Dabei hat allerdings das Landessozialgericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Das Landessozialgericht führt aus, dass die Nutzung eines JobRades zwar grundsätzlich privatnützig sei, wenngleich auch der Arbeitgeber generell von solchen Modellen profitiere. Zumindest aber die besondere Jahreswartung stelle hier ausnahmsweise eine betriebsbezogene Verrichtung dar, zumindest aber eine Verrichtung mit „gemischter Motivationslage“, bei welcher der Betriebsbezug die privaten Interessen des Arbeitnehmers überwiege. Der Arbeitgeber habe hier mit der jährlichen Wartung eine zusätzliche Pflicht gegenüber dem Leasinggeber freiwillig übernommen und durch vorformulierte Klauseln auf die teilnehmenden Mitarbeiter übertragen. Auch wenn die Wartung außerhalb der regulären Arbeitszeit stattgefunden habe, so ergebe sich dennoch ein Betriebsbezug aus der E-Mail des Arbeitgebers mit der Aufforderung und konkreten Vorgabe zur Wartung und den vertraglichen Abreden über die Kostentragung. Ausgehend von dieser Einordnung habe sich die Klägerin, als der Unfall geschah, auf dem versicherten direkten Heimweg von der Arbeit nach Hause befunden und sei somit unfallversichert gewesen.