Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im April 2022 mit Blick auf die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen ein Merkblatt zum anwendbaren Recht beim grenzüberschreitenden mobilen Arbeiten veröffentlicht, das Sie hier herunterladen können.
Grundsätzlich gelte bei Anwendung der Verordnungen (EG) 883/2004 und 987/2009 mit Blick auf grenzüberschreitende mobile Arbeit:
- Arbeitet eine Person ausschließlich von zu Hause aus, unterliegt sie dem System der sozialen Sicherheit ihres Wohnstaates, der dann gleichzeitig Beschäftigungsstaat im Sinne der Verordnung (EG) 883/2004 ist.
- Arbeitet eine Person regelmäßig, aber nicht ausschließlich von zu Hause aus und ansonsten vor Ort bei ihrem Arbeitgeber (beispielsweise im Büro), gilt sie als Person, die ihre Beschäftigung gewöhnlich in zwei Mitgliedstaaten ausübt. Das anzuwendende Sozialversicherungsrecht bestimmt sich dann gemäß der Vorgaben in Verordnung (EG) 883/2004 nach dem Anteil der mobilen Arbeit.
- Arbeitet eine Person ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum ausschließlich von zu Hause oder einem anderen Ort (etwa Ferienhaus) aus für den Arbeitgeber und ansonsten vor Ort bei ihrem Arbeitgeber (etwa im Büro), liegt eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung der betreffenden Person vor. Dann ist weiter das Recht der sozialen Sicherheit des eigentlichen Beschäftigungsstaates anwendbar.
- Ist das Ausweichen auf das Homeoffice aufgrund der aktuellen Situation pandemiebedingt, greift das Prinzip der höheren Gewalt. Ändert sich also allein dadurch der Ort der Beschäftigung, dass der Arbeitnehmer im Sinne des Infektionsschutzes und -eindämmung nicht aus dem Büro des Arbeitgebers seiner Tätigkeit nachgeht, hat dies keine Auswirkungen auf das anzuwendende Recht der sozialen Sicherheit. Nach derzeitigem Stand soll diese Handhabung bis Ende Juni 2022 beibehalten werden.
Die zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten können im Interesse einer betroffenen Person darüber hinaus Ausnahmen von diesen Regelungen vereinbaren.
Abschließend weist das BMAS in dem Merkblatt darauf hin, dass sich die Verwaltungskommission zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit voraussichtlich im Juni dieses Jahres genauer mit diesen Fragen beschäftigen wird.
Hintergrund: Bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Arbeitnehmern sowie Selbstständigen in der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz gelten mit Blick auf die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen die Vorgaben der Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.
Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt, unterliegt grundsätzlich auch den Rechtsvorschriften dieses Staates. Um häufige Wechsel zwischen einzelnen Sozialversicherungssystemen zu vermeiden, wird jedoch im Falle von Entsendungen oder bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten von diesem Grundsatz abgewichen. Der bestehende rechtliche Rahmen beinhaltet auch klare Vorgaben, wie mit Formen mobiler Arbeit, beispielsweise bei Homeoffice, umzugehen ist, wenn eine grenzüberschreitende Komponente beachtet werden muss.
Die Covid-19-Pandemie hat den bereits bestehenden Trend zur Flexibilisierung bei der Wahl des Arbeitsortes verstärkt und für einen sprunghaften Anstieg bei der Nachfrage und Nutzung von Formen mobiler Arbeit gesorgt. Ein deutlicher Rückgang für die Zeit nach der Pandemie wird nicht erwartet. Zusätzlich zum wortwörtlichen Homeoffice, also der vertraglich vereinbarten Arbeit von zu Hause, zeigen sich auch verstärkt andere Flexibilisierungsmodelle: Arbeitnehmer äußern etwa den Wunsch, ihrer vollständig schreibtischgebundenen Tätigkeit – mit Hilfe digitaler Arbeits- und Kommunikationsmittel und unter Beachtung aller Vereinbarungen zur Erreichbarkeit – für einen begrenzten Zeitraum aus einem Ferienhaus in einem Land nachzugehen, das weder Wohnstaat noch Sitz des Arbeitgebers oder des vom Arbeitgeber bereitgestellten Büroarbeitsplatzes ist.