Klage gegen EU-Mindestlöhne-Richtlinie: Verhandlung vor dem EuGH

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Am 17. September 2024 hat die mündliche Verhandlung über die Klage des Königreichs Dänemark gegen das Europäische Parlament (EP) und den Rat der Europäischen Union (Rat) vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) begonnen. Mit der Klage begehrt Dänemark die Nichtigkeitserklärung der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne. Rat und EP beantragen die Klageabweisung.

Die zur Einreichung der Klage veröffentlichten Gründe können Sie hier herunterladen.

Klagegründe:

Dänemark, unterstützt von Schweden, argumentiert, dass die Richtlinie nichtig sei, da mit ihr der Bereich des „Arbeitsentgelts“ geregelt werde, der jedoch gem. Art. 153 Abs. 5 AEUV außerhalb der Zuständigkeit der EU liege. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Richtlinie unmittelbar auf die Festlegung des Mindestlohns in den Mitgliedstaaten abzielt. Obwohl die Ausnahme des Arbeitsentgelts in Artikel 153 Absatz 5 AEUV nicht absolut sei, dürfe sie nicht zu eng ausgelegt werden, um ihren Kernbestand zu schützen. Weitere Einwände richten sich gegen einen unzulässigen Eingriff in die Koalitionsfreiheit sowie die Beeinträchtigung der Autonomie der Sozialpartner. Insbesondere sei die Koalitionsfreiheit durch die verbindliche Wirkung der EU-Grundrechtecharta geschützt.

Erwiderung Rat und EP:

Vertreter des Rates und des EP verteidigen die Richtlinie und betonen, dass Regelungen, die in den Bereich des Arbeitsentgeltes fallen nicht völlig außerhalb der Kompetenz der EU lägen. Das Arbeitsentgelt sei eine „Arbeitsbedingung“ nach Art. 153 Abs. 1 lit. b AEUV und somit grundsätzlich dem EU-Recht zugänglich. Der Ausnahmebereich des Art. 153 Abs. 5 AEUV sei nur dann betroffen, wenn es zu einem unmittelbaren Eingriff in das Arbeitsentgelt käme. Zudem dürfe die Union durch die Kompetenzausnahmen nicht daran gehindert werden, ihre Ziele und Pflichten zu erfüllen. Die Richtlinie enthalte jedoch keine bindenden Vorgaben zur Höhe oder Anwendung bestimmter Lohngrößen. Entscheidend sei, inwieweit die Richtlinie einen unmittelbaren Eingriff darstelle, was durch die fehlende Verbindlichkeit der Bestimmungen verneint werde.

Mitgliedstaaten:

Die Mitgliedstaaten der EU haben die Möglichkeit, ihre Rechtsauffassung zum Streitgegenstand darzulegen. Für die Bundesrepublik Deutschland erklärte ein Vertreter der Bundesregierung ihre Position und schloss sich dem Antrag der Klageabweisung an. Nach Auffassung der Bundesregierung sei der Ausnahme-Trias aus Art. 153 Abs. 5 AEUV als Gesamtschau zu betrachten und damit restriktiv auszulegen, um den Schutz der Sozialpartner und der Tarifautonomie als Ganzes zu gewährleisten. Mindestlöhne würden die Sozialpartnerautonomie nur eingeschränkt beeinflussen, da sie lediglich den unteren Teil eines Lohngefüges betreffen. Sie stellten somit keinen signifikanten Eingriff in den Wettbewerb dar. Maßgeblich für die Bewertung, ob ein unmittelbarer Eingriff in den Ausnahmebereich vorläge, seien Schwerpunkt, Ausgestaltung und Intensität der Bestimmungen. Entscheidend sei, wie viel direkter Einfluss bei der Gestaltung bei den Mitgliedstaaten verbleibe. Da die Richtlinie lediglich Verfahrensvorgaben enthalte und weder konkrete Kriterien festlege noch deren Gewichtung und Kontrolle vollständig der EU unterstelle, sei kein unmittelbarer Eingriff in die Kompetenzen der Sozialpartner der Mitgliedstaaten gegeben.

Ein besonderer Fokus der Rückfragen des Generalanwaltes sowie des Vorsitzenden der Großen Kammer lag auf der Frage nach der tatsächlichen Betroffenheit durch die Richtlinie und den zwingenden Vorgaben bei ihrer Umsetzung.

Bewertung der BDA:

Die deutschen Arbeitgeber befürworten die Klage Dänemarks gegen die MindestlöhneRichtlinie vor dem EuGH. Die Europäischen Verträge bringen klar zum Ausdruck, dass die EU nicht die Bestimmung nationaler Mindestlöhne beeinflussen darf. Die Argumente der sozialdemokratisch geführten Regierung Dänemarks gegen die Richtlinie stimmen mit den Bedenken der deutschen Arbeitgeber überein, die wir seit mehr als drei Jahren vorbringen. Im Bereich des Arbeitsentgelts hat die EU aus gutem Grund nach den Verträgen keine Kompetenz. Teile der Richtlinie sind unzulässig. Der EuGH sollte nun zügig die richtigen Konsequenzen ziehen.

Nächste Schritte:

Der Generalanwalt hat die Veröffentlichung seiner Schlussanträge für den 13. Januar 2025 angekündigt, sodass ein Urteil noch im Laufe des Jahres 2025 möglich erscheint.