Urlaubsgewährung/-abgeltung – Rechtscharakter von Entgeltabrechnungen sowie Neubeginn der Verjährung

Allgemeines, Newsletter

In vielen Unternehmen ist es eine weit verbreitete Praxis, dass in den monatlichen Gehaltsabrechnungen auch der Urlaubsanspruch bzw. Resturlaubsanspruch mit den entsprechenden Urlaubstagen ausgewiesen wird. Gerade in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis beendet wird, stellt sich dann bei der Gewährung des Resturlaubs bzw. bei der Urlaubsabgeltung die Frage, welche rechtliche Wirkung der zuletzt in der Gehaltsabrechnung vorgenommenen Angabe der Resturlaubstage zukommt.

Hier hatte das Bundesarbeitsgericht nunmehr in einem Urteil vom 19.02.2019 (Az.: 9 AZR 881/16) Gelegenheit, einige grundsätzliche Entscheidungen zu treffen. Streitgegenständlich waren immerhin 169,5 Urlaubstage, die in der letzten Gehaltsabrechnung, im Übrigen von einem externen Dienstleister, ausgewiesen wurden und dessen Abgeltung der Kläger mit seiner Klage geltend gemacht hatte. Dazu hat das BAG folgende grundsätzliche Feststellungen getroffen:

  1. Kein rechtsgestaltendes Anerkenntnis

Im ersten Teil seines Urteils hat das BAG erfreulicherweise zugunsten des Arbeitgebers festgestellt, dass in der bloßen Angabe der restlichen Urlaubstage in der Lohn- und Gehaltsabrechnung regelmäßig noch keine rechtsgestaltende Willenserklärung im Sinne eines Anerkenntnisses liegt. Einer derartigen Angabe komme in aller Regel noch nicht der Bedeutungsgehalt zu, wonach der Arbeitgeber den ausgewiesenen Urlaub auch dann gewähren wolle, wenn er ihn nicht schulde. Vielmehr stellt die Angabe der restlichen Urlaubstage in der Lohn- und Gehaltsabrechnung regelmäßig lediglich eine Wissenserklärung dar. In dieser Hinsicht kommt der Angabe der Urlaubstage lediglich ein Informationscharakter zu.

  1. Neubeginn der Verjährung

Trotzdem ist die Angabe der Urlaubstage in der Lohn- und Gehaltsabrechnung nach der Entscheidung des BAG rechtlich nicht wirkungslos. Zwar hat das BAG in seinem Urteil bedauerlicherweise noch keine Grundsatzentscheidung darüber getroffen, ob Urlaubsansprüche überhaupt der regelmäßigen gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB unterfallen.

Allerdings hat das BAG zu Lasten der Arbeitgeber in seinem Urteil festgestellt, dass die Angabe der Urlaubstage in der Lohn- und Gehaltsabrechnung zumindest im verjährungsrechtlichen Sinn nach § 212 Abs. 1 BGB ein Anerkenntnis darstellt. Als ein solches Anerkenntnis ist im Sinne der Schutzvorschrift des § 212 BGB zugunsten des Arbeitnehmers als Gläubiger des Urlaubsanspruchs jedes Verhalten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer in Betracht zu ziehen, das darauf schließen lässt, dass der Arbeitgeber sich des Bestehens der schuldrechtlichen Forderung bewusst ist. Dazu bedarf es nach Auffassung des BAG weder einer Willenserklärung noch eines gesonderten Bindungswillens des Arbeitgebers. Vielmehr reicht es aus, dass der Arbeitgeber auf irgendeine Weise dem Arbeitnehmer als Gläubiger gegenüber schlüssig zum Ausdruck bringt, dass er den Anspruch anerkennt. Genau dies geschieht nach Auffassung des BAG mit der Angabe der Urlaubstage in der Lohn- und Gehaltsabrechnung.

Die rechtliche Folge eines solchen verjährungsrechtlichen Anerkenntnisses mit der Angabe der Urlaubstage in der Lohn- und Gehaltsabrechnung ist, dass mit jeder dem Arbeitnehmer erteilten Entgeltabrechnung die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass es zu einer fortlaufenden Ansammlung der nicht genommenen Urlaubstage kommt, die entweder im Arbeitsverhältnis nachzugewähren oder bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten sind.

Vor diesem Hintergrund kann deshalb für die betriebliche Praxis nur die dringende Empfehlung ausgesprochen werden, in den Lohn- und Gehaltsabrechnungen nicht mehr die (restlichen) Urlaubstage auszuweisen. Da sich der Arbeitgeber auch die Ausweisung der Urlaubstage durch einen externen Dienstleister zurechnen lassen muss, sollte deshalb auch dieser Dienstleister angewiesen werden, keine Angaben mehr zu den Urlaubsansprüchen in die Lohn- und Gehaltsabrechnung aufzunehmen.